Kurzfristige Schulschließungen sind grundsätzlich eine Seltenheit. Am 10. Februar 2020 verursachte das Sturmtief „Sabine“ eine solche ungewöhnliche Maßnahme, die etliche Landkreise und Bezirke dazu zwang, den Unterrichtsbesuch zu untersagen. In manchen Gebieten handelte es sich nur um einen Schultag, in einigen wenigen ging es um bis zu drei Tage. Das war schon vergleichsweise spektakulär.

Doch was am 13.03.2020 passierte, war der Beginn einer noch nie dagewesenen, in Ihrer Dimension unvergleichbaren, organisatorischen Aufgabe: eine durch die Corona-Pandemie ausgelöste, bundesweite Schulschließung für (zunächst) mehrere Wochen!

In den ersten Tagen war noch niemandem bewusst, welche Größenordnung das Ganze annehmen würde. Auch wir fuhren mit unseren schulinternen Planungen an der Montessori-Schule Weißenhorn fort. Abläufe und Veranstaltungen mussten allerdings neu organisiert und terminiert werden. Dann, zu Beginn der darauffolgenden Woche, kam am 17.03. die Hiobsbotschaft: das Claretinerkolleg wurde vom Katastrophenschutz im Namen der Landesregierung beschlagnahmt und sollte zum Notkrankenhaus umgebaut werden. Und dazu gehörten leider auch unsere Schulräume. Das setzte nun eine Kettenreaktion in Gang. Der Katastrophenschutz untersagte das unbefugte Betreten des Geländes, informierte uns, dass die Schulräume im Bedarfsfall sofort geräumt würden und begann sofort mit den Ausbauarbeiten in allen Gebäudeteilen. Etliche Krisensitzungen und Vor-Ort-Termine mit Vertretern von Feuerwehr, Katastrophenschutz, Landkreis, Krankenhäusern, Rotes Kreuz und THW folgten in den nächsten Tagen und Wochen.

Um Schäden und Verluste zu vermeiden, musste eine Blitz-Räumaktion der gesamten Schule organisiert werden, was durch den Einsatz der Eltern in Rekordzeit gelang. Und so war die Schule am 21.03. leergeräumt. Durch die Entwicklung der Pandemie und den damit zusammenhängenden Regelungen wurde es immer offensichtlicher, dass ein Schulstart in den eigenen Klassenräumen zum 20.04. fraglich war. Also begannen mehrere organisatorische Prozesse gleichzeitig: ein alternativer Schulort musste gefunden werden, Veranstaltungen wie die Abschlussarbeiten mussten völlig neu geplant werden, die Schulaufnahme neuer Familien musste neu terminiert und die entsprechenden Familien informiert werden und die externe Beschulung (Homeschooling) musste geplant werden.

Am 24.03. konnte wir dann bereits einen alternativen Standort besichtigen, den uns der Landkreis zur Verfügung stellen wollte: die Wilhelm-Busch-Förderschule in Weißenhorn. Dazu kam, dass die Schulaufsichtsbehörden trotz der Ausnahmesituation all die Meldungen, Anträge und Statistiken benötigten, die zu diesem Zeitpunkt im Schuljahr fällig sind und schon in „normalen“ Zeiten dazu führen, dass Schulleitungen an ihre Grenzen kommen. Und so bestand in allen Schulen Präsenzpflicht für die Schulleitungen, um den verwaltungstechnischen Betrieb in Gang zu halten. Zunächst war von einem endgültigen Umzug aber noch nicht die Rede, denn im Zuge der Ressourcenüberprüfung sollte erst noch eine Neubewertung aller potenziellen Standorte für Notfallkrankenhäuser in Bayern vorgenommen werden. Durch die Nähe zum Krankenhaus Weißenhorn und die vorhandenen Zimmer und Betten im Haus der Begegnung im 2. und 3. Stock wurde das Kolleg schließlich mit Priorität 1 ausgewählt. Damit erfolgte das „Go“ für den Umzug. Am nächsten Tag wurden Schulleitung und Elternbeirat informiert und aktiviert. Am 09.04. fand dann in der Wilhelm-Busch-Förderschule ein Treffen mit sieben Verantwortlichen des Landkreises statt, an dem auch der Schulleiter der Förderschule und unsere Schulleitung und Geschäftsführung teilnahmen und die Rahmenbedingungen für den Umzug festlegten.

Mit der Aussicht, dass die Schulschließungen von längerer Zeitdauer sein würden, wurde nun die Plattform „Teams“ als Homeschooling-Umsetzung für alle Klassen gewählt und in der Folge ausgebaut. Mitte April gestaltete der Landrat mit unserer Geschäftsleitung eine Pressemitteilung und einen Elternbrief, um allgemein zu informieren und der Schule für die Einsatzbereitschaft zu danken. Gleichzeitig begannen die Mietvertragsverhandlungen mit dem Landkreis.

Am 20.04. endete die Deadline der Regierung und es wurde klar, dass zunächst nur die Prüfungsklassen unter strengen Hygienevorschriften in den Schulalltag zurückkehren durften. Darüber und über die weiteren Abläufe wurden dann die Familien informiert. Aus aktuellem Anlass entschied sich dann der Führungskreis der Schule, allen Familien das Schulgeld für den Monat Mai und sechs Jahresarbeitsstunden zu erlassen, worüber die Eltern in einem Rundbrief unterrichtet wurden. Inzwischen lief bereits der Umzug in die Förderschule, was organisatorisch eine große Herausforderung war, weil alle Materialien in der alten Turnhalle gelagert waren und nun klassenspezifisch umgezogen werden mussten. Dazu kamen alle Möbel, die ebenfalls klassenspezifisch transportiert und montiert werden mussten. Die Spedition Harder leistete hier tolle Arbeit!

In dieser Folge kamen dann die Klassen wieder zurück in die Schule:

– am 27.04. die 9er und 10er
– am 11.05. die 4er und 8er
– am 19.05. die 1er und 5er

Die 2er, 3er, 6er und 7er waren erst nach den Pfingstferien am 15.06. an der Reihe.

Am 05.06. erreichte dann die Geschäftsführung die Nachricht, dass wir ins Claretinerkolleg zurückkehren können. Diese Nachricht wurde am 08.06. durch verschiedene Medienberichte des Landkreises veröffentlicht. Direkt nach den Ferien wurden alle Familien der Montessori-Schule offiziell darüber unterrichtet, und so begannen die Vorbereitungen für die Rückkehr. Um die Gelegenheit zu nutzen und aus der Not eine Tugend zu machen, wurde beschlossen, die Räumlichkeiten im Claretinerkolleg vor der Rückkehr komplett zu streichen. Diese Aktion und die Planung für den Umzug wurden parallel in Angriff genommen, wobei das pädagogische Team, die Schulleitung, die Geschäftsführung und der Elternbeirat wieder ganz eng zusammenarbeiteten. Die Streicharbeiten selbst haben vor allem die Eltern gestemmt.

Im Zuge der Nachricht, dass wir zurückkehren können, wurden wir aber gleichzeitig informiert, dass sich die Landesregierung im Falle einer zweiten Welle der Pandemie eine erneute Beschlagnahmung der Räumlichkeiten vorbehält. Dies würde einen erneuten Umzug unserer Schule bedeuten.

Drücken wir also die Daumen, dass wir uns wieder dauerhaft im Claretinerkolleg niederlassen dürfen, wenn wir nach den Sommerferien mit dem Schulbetrieb dorthin zurückkehren!

TEXT: AV